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Warum Fisch und Weisswein zusammen gehören.

Der eigene Geschmack ist immer der beste Ratgeber. Trotzdem gibt es gute Gründe, warum Sie zu Fischgerichten besser Weisswein servieren.

Zum Fisch trinkt man Weisswein, das weiss doch jeder. Deshalb erkannte James Bond einen Mann, der zur Seezunge roten Chianti trank, auch gleich als bösen russischen Agenten. Ach, wenn die Welt doch so einfach wäre ... In Fragen des Geschmacks ist strikten Regeln stets mit grosser Skepsis zu begegnen. Schliesslich ist Geschmack eine höchst individuelle Angelegenheit – er kann sich täglich oder gar stündlich ändern.

Ausserdem sind Fische so unterschiedlich wie Weissweine. Der Fisch kann roh, halbroh, gekocht, gebraten oder grilliert zubereitet werden, als Ganzes oder Filet, mit oder ohne Haut. Er hat weisses, orangefarbenes oder rotes Fleisch. Jedes Mal schmeckt er anders. Dazu liegt er selten allein auf dem Teller, sondern wird oft von einer Sauce begleitet. Diese kann aus purer, geschmolzener Butter bestehen, Kräuter enthalten, Limetten, Tomaten, Paprika, Zwiebeln, Speck, Rahm, Zitronengras, Ingwer oder Weisswein. Und schon kommt ein anderer Geschmack hinzu! Da der Wein den Fisch begleiten und nicht überdecken soll, spielen die mit dem Fisch verbundenen Aromen bei der Weinauswahl eine entscheidende Rolle.

Zucker als Gaumenschmeichler

Und damit wären wir beim Wein, der auch ganz unterschiedlich schmecken kann: eher sauer oder süss, fruchtig oder mineralisch, mit Aromen von Kräutern, Blumen, Früchten oder Gemüse. Oft hat er von allem ein bisschen. Wenn er lange in einem kleinen Holzfass (Barrique) lag, kann er zudem bittere Gerbstoffe enthalten, nach Vanille und Holz duften. Und nach alter Zigarrenkiste. Die einen mögen das, andere nicht.

Es sind hauptsächlich Süsse und Säure, die den Geschmack eines Weissweins bestimmen. Zucker unterstreicht die Aromen und schmeichelt unserem Gaumen, Säure hingegen vermittelt uns Lebendigkeit und Frische. So wie eine Prise Zucker oder ein Spritzer Zitronensaft eine Sauce beeinflussen. Ein eher süsser Wein macht herbe Speisen milder, und ein säurebetonter Wein wird – zu süssen Aromen getrunken – nur noch saurer. Der Wein sollte deshalb mindestens so süss sein wie die Speisen. Ein saurer Wein zu einer sauren Sauce macht alles nur noch saurer. Und viele Gerbstoffe im Wein verderben bei allem Scharfen den Geschmack. Auch die Temperatur des Weines spielt eine Rolle beim Empfinden von Süsse und Säure. Ein kühler Wein wirkt erfrischender und fruchtiger, ein zu warmer Wein plump und aufdringlich.

Was heisst das nun konkret? Fisch enthält unter anderem Stärke und Zucker, die beim Schmoren oder Braten in Öl oder Fett oder beim Grillieren einen süsslichen Eindruck hinterlassen. Dazu passt ein kräftiger Weisswein mit ein paar Gramm Restzucker besser als ein extrem trockener. Empfehlenswert sind also eher Grauburgunder, Müller-Thurgau, Chardonnay oder Verdicchio statt Riesling, Sauvignon Blanc oder Silvaner. Weitere mögliche Begleiter sind junge, fruchtige Rotweine ohne Tannine wie St. Laurent oder Beaujolais.

Zu den Doraden mit Kräutersauce passt jedoch am besten ein knackiger Verdicchio, zum Beispiel aus den italienischen Marken. Da der Fisch mit Zitronenscheiben serviert wird und die Kräutersauce neben Petersilie auch Weisswein enthält, passen die leichte, elegante Bitternote und der moderate Säuregehalt des Verdiccio ideal zu dem im Ofen gebackenen Meerestier und seiner pikanten Sauce. Ausserdem hat der Wein genug saftige Frucht, um eigene Akzente zu setzen.

Wie viel Säure ist gerade richtig?

Wird der Fisch roh, halbroh oder gekocht, gedünstet oder pochiert (und vielleicht mit einer leichten Rahmsauce) serviert, sollte der Wein eher wenig Säure haben, um den zarten Geschmack des Fleisches nicht zu überdecken. Infrage kommen Riesling Kabinett oder Spätlese, Weissburgunder, Kerner, weisser Bordeaux, Vinho Verde, Scheurebe, Viognier oder Soave. Oder vielleicht ein Rosé (ohne Bonbon-Aroma)?

Fisch, der von kräftigen Aromen begleitet wird, also zum Beispiel von Tomaten, Peperoni, Linsen, Speck, Chili, Ingwer oder Knoblauch, harmoniert gut mit einem säure- und fruchtbetonten Weisswein. Dazu zählen ein trockener Riesling, Sauvignon Blanc, Grüner Veltliner, Silvaner oder Chenin Blanc. Hier passt aber auch ein frucht- und säurebetonter Rotwein ohne Gerbstoffe wie Spätburgunder, Dornfelder, Grenache, Merlot, Shiraz, Sangiovese. Oder man entscheidet sich für den Chianti – in diesem Fall ohne gleich in den Verdacht zu geraten, ein russischer Spion zu sein.

Autor: Rainer Meier
Fotos: © Getty Images/ © iStockphoto

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